Mir hat es das Material schon seit einiger Zeit angetan und schmückt somit schon lange meine Moodboards auf Pinterest und co. Mit seiner zeitlosen, minimalistischen und natürlichen Ästhetik, die einerseits luxuriös, aber genauso auch unperfekt und gelassen wirkt, findet man es zunehmend in gängigen Bekleidungsgeschäften und auch im Interiorbereich.
January-Bluse von notPERFECTLINEN
Leinen als Modetrend
Für viele gilt ein weißes (Leinen-)Hemd lange als Staple im Kleiderschrank. Seit den letzten Jahren sieht man Leinen auch auf den Laufstegen bekannter Luxus-Marken. Demnach sind weiße Leinenkleider und -röcke, wie von Prada, laut Vogue einer der „einfachsten“ Sommertrends 2020. Aber auch andere Naturtöne, rosé und Muster, Anzüge und Blazer aus Leinen scheinen super „in“ zu sein.
Dieser Trend spiegelt sicher irgendwo das wachsende Umweltbewusstsein in der Gesellschaft wieder. Dabei trifft es auch ganz den Zeitgeist von Minimalismus und Slow Fashion. Aber so, wie Meditation und Achtsamkeit, ist es vielleicht auch Ausdruck vom Streben nach Ruhe in unserer turbulenten Welt. In Japan galt es lange eher als Luxus-Stoff für förmliche Kleidung wie Kimonos – dort wurde Leinen schon vor über 10 Jahren kommerzialisiert, wo man in der Mode einen Übergang vom Design hin zu einem Fokus aufs Material beobachten konnte (wie in der NY Times berichtet). Vermutlich inspiriert davon, ganz im Einklang mit Japan und Asian Fusion Trends im Allgemeinen, ist es mal wieder etwas neues, da das Material bisher lange als öko und altbacken galt und nun neue Beachtung erhält.
Was ist Leinen überhaupt?
Hergestellt wird Leinen aus Fasern der Flachspflanze. Charakteristisch dabei ist, dass die Faser Leinenbündel bildet, was es so stabil macht und für die einzigartige Maserung und Unebenheit des Stoffes sorgt. Die Pflanze wächst dabei in maritim-mildem Klima wie Litauen, wo der Stoff schon seit tausenden von Jahren kulturell fest verankert ist und gegenwärtig wieder neu auflebt.
Der Herstellungsprozess ist deutlich aufwändiger als bei Baumwolle. Insbesondere das Gewinnen der Leinenfaser aus seiner Schale ist schwierig und umfasst mehrere Arbeitsschritte. Dies macht den Stoff auch etwa doppelt so teuer.
Leinenfaser
Was das Material so besonders macht
Leinen ist unglaublich umweltfreundlich – biologisch abbaubar, verbraucht wenig Wasser (z.B. im Vergleich zu Baumwolle), wächst auf schlechtem Boden, benötigt keine/wenig Pestizide, und wird für gewöhnlich regional produziert, was für kurze Transportwege sorgt.
Noch dazu sind daraus hergestellt Produkte geprägt von Langlebigkeit. Demnach ist der Stoff fühlbar stark, mottenresistent, temperaturbeständig, kühlend bei hohen Temperturen und wärmend bei niedrigen Temperaturen, feuchtigkeitsentziehend, und antibakteriell. Er wird mit jedem Waschen weicher, also mit der Zeit auch noch schöner und schöner, könnte man sagen, bzw. besser und besser.
Allerdings bleicht der Stoff mit der Zeit aus, wodurch man bei Leinen nie lange etwas von kräftigen Farben hat. Eine weiteres Merkmal und möglicher Nachteil des Stoffes sind auch seine Falten. Natürlich kann man den Stoff bügeln, allerdings wird er sehr schnell neue Falten schlagen. Dem sollte man sich also bewusst sein, bevor man in teure Leinenstücke investiert.
Die besten Marken / Kauftipps
Bei Leinen wird zwischen Halbleinen (ab ca 40% Leinen) und Reinleinen (100% Leinen) unterschieden. Kleidung aus einer Leinenmischung, für gewöhnlich in Kombination mit Baumwolle, gibt es besonders bei gängigen Fast-Fashion-Geschäften. Der Baumwollanteil macht den Stoff nicht nur günstiger, sondern auch weicher, wobei der Leinenanteil trotzdem für Stabilität und Langlebigkeit sorgt. Um die Vorzüge von Leinen, vor allem in Sachen Nachhaltigkeit, voll in Anspruch zu nehmen, bedarf es allerdings Kleidung aus Reinleinen.
Mein liebstes Leinenkleidungsstück, welches ihr in den eingefügten Bildern seht, ist wohl die „January“-Bluse von notPERFECTLINEN, einem litauischen Familienunternehmen auf Etsy. Sie ist schlicht, vielfältig kombinierbar – ich trage sie z.B. auch gerne etwas gecropped mit einem Knoten in der Mitte, und Sommer sowie Winter. Für mich jeden Cent wert. Aber auch die „Stockholm“-Jacke und das „Madrid“-Wickeltop stehen auf meiner Wunschliste.
Stockholm-Jacke von notPERFECTLINEN
Madrid-Wickeltop von notPERFECTLINEN
Ähnlich schöne Oberteile, Hosen, Jumpsuits, Röcke und Kleider in einem schlichten und zeitlosen Design gibt es bei Marken wie Linenfox und OffOn (auch bei nude ethics erhältlich) aus Litauen zu kaufen. Viele bekannte Slow-Fashion-Marken wie hessnatur und Everlane haben auch einige Leinenprodukte im Angebot. So findet man auch bei Grana qualitativ hochwertige Essentials, unter anderem aus französischem Leinen. Angetan bin ich auch von den Jacken und Kimonos, besonders auch aus dicker gewebtem Leinen – hier sieht man den japanischen Einfluss.
Kimono von LplusCDesign
Selby-Jacke von LoveAndConfuse
Etwas ausgefallenere und figurbetontere Teile hat vor allem Reformation im Angbot. Vereinzelt stellen aber auch sonst eher minimalistische Labels wie LoveAndConfuse oder Aurorei ein paar außergewöhnliche Teile her. Letzteres verwendet dabei japanisches Leinen, welches in Brooklyn, New York zu Kleidungsstücken vernäht wird. Etwas verspieltere und bestickte Teile werden aus französischem Bio-Leinen handgemacht bei Folie du lin. Es zeigt, dass Leinen ein durchaus sehr vielfältiger Stoff ist, oder zumindest für allerlei Stile etc. Raum bietet.
Gitane-Kleid in Gabrielle von Reformation
Violaine-Kleid von Reformation
Aryn-Bluse von Reformation
Victoria-Bluse von LoveAndConfuse
Bestickte Bluse von Folie du Lin
Preislich sind diese Marken natürlich nicht super günstig. Angesichts der langen Haltbarkeit des Materials allerdings eine lohnenswerte Investition. Und second-hand zu kaufen (z.B. über Kleiderkreisel, ubup, depop, die Etsy Vintage-Abteilung oder Vite EnVogue) ist auch immer eine gute Option.
Fazit
Leinen ist in Sachen Nachhaltigkeit und auch Ästhetik ein sehr einzigartiger Stoff, der zu Recht gerade voll im Trend liegt. Er ist robust, umweltfreundlich, besonders und vielfältig. Es ist schwer, ihn mit sämtlichen und gerade neueren (auch sehr umweltschonenden) Stoffen wie Tencel beispielsweise zu vergleichen, die wieder andere Besonderheiten und alle ihre eigenen Vor- und Nachteile aufweisen. Ich denke aber auf jeden Fall, wir sollten alle viel mehr Kleidung aus Leinen tragen.
Findet ihr Leinen hip oder doch öko/altmodisch? Kennt ihr noch andere coole Leinen Labels? Was ist euer liebster Stoff ?